Bild der Frau - 11. Aril 2005
"Unsere Drehorgel macht allen Spaß!"
Vom Gassenhauer bis zum Mozart-Stück
Manuela und Ingo in Aktion: Sie ist als feine Dame, er als Gendarm rausgeputzt.
Die Bewohner der Seniorenfreizeitstätte Berlin - Steglitz singen begeistert den Gassenhauer mit: "Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, nach Pankow war sein Ziel..." Die Drehorgel-Spieler Manuela (48) und Ingo Hopf (44) freut 's . „Es macht uns beiden Spaß, wenn wir sehen, wie unser Publikum mitmacht. Natürlich dürfen die Leute auch mal selbst an der Kurbel drehen und in den Kasten reingucken." Die Stadtangestellte und der Lehrer sind in ihrer Freizeit in Altberliner Kostümen unterwegs - als „Berolinchen und Bärchen". Manuela erzählt: „Angefangen hat alles schon 1988. Meine Freundin besuchte mit ihrem Leierkasten das Berliner Drehorgel fest und hat auch überredet, mitzukommen. Da hat mich dann das Drehorgel- Fieber gepackt und ich dachte: ,So ein Ding muss ich auch haben'."
Kurz darauf kauft sie ihren ersten gebrauchten Leierkasten - mit Wagen und einigen Notenbändern für 7500 Mark. „Ich war total glücklich! Und bin auch sofort auf Familienfesten und im Kollegenkreis aufgetreten. Dazu hab' ich gesungen." Manuela kommt super an, das macht ihr Mut. Fleißig arbeitet sie richtige Programme aus. Ingo, ihr Lebensgefährte, hilft ihr dabei. Seit 1993 kann auch er nicht von der Drehorgel lassen.
Manuela: ,.Ich war krank, wollte aber einen Auftritt nicht absagen. Deshalb bat ich Ingo, für mich einzuspringen, um die Leute nicht zu enttäuschen. Ingo kannte ja das Programm. Also ist er hin." Und auch er hat Erfolg!
Seitdem haben die Hobby-Musiker noch zwei Notenband-Drehorgeln gekauft, und ihre Kunst immer weiter entwickelt. Neben Altberliner Gassenhauern gehören Schlager der 50er Jahre, Weihnachtslieder, Wander-, Küchen- und Seemannslieder; Evergreens sowie bekannte Stücke von Mozart und Vivaldi zum Repertoire der Hopfs.
Ingo: „Unsere Kunden dürfen sich nicht nur die Stücke aussuchen. Sie können auch je nach Anlass zwischen verschiedenen Kostümen wählen", sagt Manuela. Pro Jahr machen sie etwa 150 Auftritte, meist auf Volksfesten, dazu Empfänge, Firmenauftritte, Familien feiern, Kindergeburtstage und eben Konzerte in Seniorenheimen. „Es geht uns nicht ums Geld! Wichtig ist uns, die Altberliner Tradition der Drehorgel zu pflegen. So etwas darf nicht verloren gehen!"
BURKHARD SCHMIDT
15/2005 BILD der FRAU 57
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